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Beispiel Leipziger Straße 85: Was kann die Stadt tun, um Kleingewerbetreibende in den Frankfurter Stadtteilen vor Verdrängung zu schützen? - Appell an die soziale Verantwortung der Eigentümerin der Leipziger Straße 85

Vorlagentyp: ST Magistrat

Stellungnahme des Magistrats

Der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main nimmt zu den Fragen des Ortsbeirats 2 wie folgt Stellung: Zu 1.: Der Magistrat ist sich der Bedeutung bewusst, den einzelnen Kleingewerbe für die soziale und wirtschaftliche Struktur der Stadtteile haben können, und teilt die Besorgnis des Ortsbeirats hinsichtlich der Verdrängung von bestehenden Kleingewerbebetrieben durch steigende Mieten/Pachten oder Kündigungen. Grundsätzlich sind die rechtlichen Möglichkeiten der Stadt jedoch begrenzt. Eingriffe in gewerblich-privatrechtliche Miet- oder Pachtverhältnisse sind nicht zulässig. Es besteht Vertragsfreiheit. Die konkrete Ausgestaltung von Mietverträgen gehört nicht zum Regelungsbereich des im kommunalen Einflussbereich liegenden Bauplanungsrechts. Die Stadt kann weder Pachterhöhungen verhindern noch Kündigungen im Gewerbe rückgängig machen. Eine Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB dient bestimmten Schutz- und Erhaltungszwecken, wie der städtebaulichen Gestaltung, der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (Milieuschutz) und der Verhinderung städtebaulicher Umstrukturierungen. Der Erhalt bestehender Gewerbebetriebe ist allerdings kein expliziter Zweck dieser Satzung, sodass sie nicht direkt zum Schutz von Gewerbemietern angewendet werden kann. Selbst wenn denkbar ist, dass bestimmte gewerbliche Nutzungen die städtebauliche Eigenart des Gebiets prägen können, ist ein Nachweis dessen sowie der Schutzbedürftigkeit schwer zu erbringen. So ist bspw. ein wirtschaftlich tragfähiger Betrieb nicht nur durch die Miethöhe, sondern auch durch andere Faktoren beeinflusst, die wiederum Optimierungspotenziale bieten können, um Mietsteigerungen zu begegnen. Diese Faktoren bestmöglich unternehmerisch zu managen und im Wettbewerb (um Standorte) zu bestehen, ist gerade charakteristisch für wirtschaftliche Aktivität. Deswegen versucht insbesondere die Wirtschaftsförderung die Entwicklung in den Stadtteilen mit folgenden, weichen Instrumenten zu beeinflussen: - Beratung und Unterstützung: Die Wirtschaftsförderung bietet Kleingewerbetreibenden individuelle Beratung an und unterstützt sie im Bedarfsfall bei der Suche nach alternativen Standorten oder Lösungen, um ihren Betrieb fortzuführen. - Netzwerkförderung: Durch die Förderung von Gewerbevereinen und Interessengemeinschaften wird der Zusammenhalt unter den Gewerbetreibenden gestärkt, was gemeinschaftliche Strategien zum Umgang mit Verdrängungsprozessen fördert. - Stadtteilbezogene Projekte: Durchführung von Aktivierungsmaßnahmen zur Belebung und Erhöhung der Sichtbarkeit des Gewerbes im Stadtteil. Bsp. Gewerbeschauen, Aktionstage, Weihnachtsaktionen etc., unter dem Programm "Frankfurt am Start". Zu 2.: a) Der Magistrat teilt die Auffassung des Ortsbeirats insoweit, dass ein erweiterter gesetzlicher Rahmen helfen könnte, Kleingewerbetreibenden effektiveren Schutz vor Verdrängung bieten zu können, insbesondere in Gebieten mit bestehender Milieuschutzsatzung. Andererseits bestehen Zweifel hinsichtlich der Realisierungsmöglichkeiten gesetzlicher Anpassungen, u.a. vor dem Hintergrund der Verhältnismäßigkeit von entsprechenden Eingriffen in das durch das Grundgesetz geschützte Eigentum von Grundstückseigentümern. b) Sinnvolle gesetzliche Rahmenbedingungen könnten sein: - Gewerbemietrecht: Anpassungen in Form von Begrenzungsmöglichkeiten von Mietpreissteigerungen. - Städtebaurecht, Milieuschutz- bzw. Erhaltungsatzungen: Erweiterung und Konkretisierung des Anwendungsbereichs auf Gewerbenutzungen, um Nutzungsänderungen und Verdrängung zu verhindern. Auch wenn entsprechende Regelungen wünschenswert für den Schutz des Kleingewerbes wären, so sind stets auch andere (verfassungs-)rechtliche Gegebenheiten und Belange durch den Gesetzgeber zu berücksichtigen, die einer Anwendung solcher Rahmenbedingung begründet entgegenstehen. c) Die abschließende Entscheidung über eine Erweiterung des Instruments mit dem Ziel der Erhaltung gewerblicher Strukturen obliegt dem Gesetzgeber, welcher alle hier relevanten Belange zu berücksichtigen hat. Unabhängig davon enthält das Bauplanungsrecht jedoch bereits einige Vorschriften zur Berücksichtigung von gewerblichen Belangen, u.a. zur Erhaltung sog. zentraler Versorgungsbereiche und zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung. In der Stadt Frankfurt wurde diese Vorgabe durch das Einzelhandels- und Zentrenkonzept umgesetzt. Zu 3.: a) Die Wirtschaftsförderung nimmt regelmäßig im Rahmen ihrer Tätigkeiten vor Ort bestehende Leerstände im Einzelfall auf und betreibt darüber hinaus seit Dezember 2023 ein strategisches Leerstandsmanagement. Dabei werden Erfassungen von Leerständen vorgenommen und die Gründe für den Leerstand sowie mögliche Perspektiven, soweit möglich, ermittelt und dokumentiert. Im Fokus stehen hier insbesondere Ladeneinheiten in Erdgeschosslagen, darunter vor allem leerstehende, ehemals durch Einzelhandels- und Gastronomiebetriebe genutzte Flächen in zentralen Lagen. Ein räumlicher Fokus liegt auf der Innenstadt (A-Zentrum) sowie den Ortsbezirkszentren (B-Zentren) und den Grundversorgungszentren (C-Zentren). Andere Lagen werden dabei aber ebenfalls berücksichtigt. Aktuell findet die Aufnahme von Leerständen in den Haupteinkaufsstraßen in der Innenstadt statt. Darüber hinaus ist eine stichtagsbezogene Erfassung von Leerständen in Erdgeschosslage in Vorbereitung, in deren Rahmen auch die Leipziger Straße in Gänze erhoben werden soll. b) Die Wirtschaftsförderung nimmt regelmäßig Kontakt zu Eigentümern von Gewerbeimmobilien auf und versucht in einen kontinuierlichen Austausch zu treten. Ziel ist es, leerstehende Flächen möglichst schnell wieder einer Nutzung zuzuführen und somit die Attraktivität der Stadtteile zu erhalten. Durch das aktive Leerstandsmanagement können interessierten kleinen und mittelständischen Unternehmen passende Gewerbeflächen vorgeschlagen und entsprechende Kontakte vermittelt werden. Die Wirtschaftsförderung unterstützt bei der Vermittlung zwischen Eigentümern und potenziellen Mietern. Im Fall des HeckMeck führte die Wirtschaftsförderung intensive Gespräche mit dem Eigentümer und der Betreiberin des HeckMeck. Dabei wurde deutlich, dass die Miete über einen sehr langen Zeitraum nicht angehoben wurde. Zudem gab es Verhandlungen mit einem potenziellen Nachfolger für das HeckMeck, der jedoch unter anderem nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügte. Mit der Nachfolge-Gastronomie "TONKA" wurde schließlich ein modernes Restaurant mit feiner veganer Küche eröffnet, das von den Gästen gut angenommen wird. Im Fall des Kiosks in der Leipziger Straße 85 unterstützte die Wirtschaftsförderung, z. B. bei der Suche von Ersatzflächen (diverse Objekte wurden vorgeschlagen) und gemeinsam mit weiteren Akteuren im Quartier bei der Moderation zwischen den beteiligten Parteien, um einvernehmliche Lösungen zu erreichen. Dies hatte zuletzt dazu geführt, dass der Eigentümer einer Untervermietung an den Kioskbetreiber durch den neuen Hauptmieter zugestimmt hatte. Diese Option kam für den Kiosk allerdings nicht mehr infrage, da sich das Betreiberehepaar für einen neuen Standort in der Grempstraße entschieden hat.

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