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Strategie zum Schutz von Stadtteilgewerbe und Gastronomie in Bockenheim und anderen Stadtteilen

Lesezeit: 8 Minuten
Partei(en): GRÜNE

S A C H S T A N D :

Antrag vom 02.01.2023, OF 568/2 Betreff: Strategie zum Schutz von Stadtteilgewerbe und Gastronomie in Bockenheim und anderen Stadtteilen Vorgang: V 390/22 OBR 2; ST 1931/22 Der Ortsbeirat wolle beschließen: Der Magistrat wird gebeten, zu prüfen und berichten, 1. Welche Möglichkeiten werden gesehen - analog des zwischenzeitlich erfolgreich umgesetzten Masterplans Industrie - eine strategische Initiative zum erweiterten Schutz und der Weiterentwicklung des Stadtteilgewerbes/der Stadtteil-Gastronomie in Frankfurt zu entwickeln und umzusetzen? 2. Welche Möglichkeit wird dabei für die Entwicklung einer Gewerbestrategie speziell für Bockenheim sowie einer Kampagne für mehr Gewerbeschutz vor Verdrängung durch steigende Mieten im Stadtteil Bockenheim gesehen? 3. Wird die Möglichkeit gesehen, in Bockenheim eine Bestandsaufnahme von Kleingewerbe- und Gastronomie-Nutzungen zu machen und so die Bedeutung der "Bockenheimer Mischung" breit zu kommunizieren, um mehr Bewusstsein und Wertschätzung durch Hauseigentümer*innen und Bevölkerung zu erreichen? 4. Wie wird seitens des Magistrats die Unterstützung für eine umfassende Strategie "Stadtteilgewerbe" durch Gewerbevereine, IHK, Handwerkskammer etc. gewertet? 5. Wie werden in diesem Zusammenhang die Erfolge der "Runden Tische" in verschiedenen Stadtteilen (u.a. Bockenheim) gewertet? 6.Welche Möglichkeiten sieht der Magistrat, die Nutzungsmischungen im Bestand der Stadtteile durch die verfügbaren planungs- und bauordnungsrechtlichen Instrumente zu sichern? 7. Welche Möglichkeiten werden gesehen, bei Geschäftsaufgaben gewerbliche Nachnutzungen im Bestand zu sichern und keine Genehmigung für die Umwandlung von gewerblich genutzten Erdgeschossflächen in Wohnraum zu erteilen? 8. Wird der Magistrat aktiv hinsichtlich einer Änderung der Hessischen Bauordnung (HBO), die für die Umwandlung von Erdgeschoss-Gewerbe in Wohnen derzeit weder eine Begründung noch den Nachweis verlangt, dass gewerbliche Nutzer gesucht wurden (ST 1931 vom 29.8.22)? 9. Welche Möglichkeiten sieht der Magistrat für eine Verbesserung der Beratungsstrukturen und der aufsuchenden Gewerbeberatung im Rahmen der Wirtschaftsförderung Frankfurt, u.a. durch bessere Personalausstattung und den Einsatz von "Stadtteil-Kümmerern"? 10.Welche Möglichkeiten werden gesehen, ggf. durch eine Förderinitiative kleingewerbliche und gastronomische Strukturen im Stadtteilzusammenhang zu unterstützen? 11. Welche Möglichkeiten werden gesehen, Anbieter*innen von Immobilien, insbesondere von Erdgeschossflächen, und potentielle kleingewerbliche Nutzer*innen einfacher zu vernetzen, z.B. durch digitale Angebote - ergänzend zu den erfolgreichen Aktivitäten der Agentur RADAR für kreative Räume/ Nutzungen? 12. Welche Aktivitäten ergreift der Magistrat, um in eigenen Immobilien (z.B. Jordanstraße 3 - Bockenheim /ehemals Gaststätte Pielok) gewerbliche bzw. gastronomische Nachmieter*innen zu angemessenen Mieten zu finden? 13. Ergreift der Magistrat die Initiative, über das Land Hessen und den Deutschen Städtetag auf Bundesebene das Gewerbemietrecht deutlich zu verbessern (inkl. verbindliche Gewerbemietspiegel, verbesserter Kündigungsschutz und Mietsteigerungsobergrenzen)? 14. Ergreift der Magistrat zusammen mit anderen Großstädten sowie über das Land Hessen die Initiative, auf Bundesebene das Instrument der Erhaltungsatzung/ Milieuschutzsatzung im BauGB (§172) so weiterzuentwickeln, dass es auch auf wohnortnahe kleingewerbliche, gastronomische und sozial-kulturelle Strukturen ausgeweitet werden kann?

Begründung:

Anlässlich des Anstiegs der Immobilienpreise und Mieten in Großstädten wie Frankfurt wird vorrangig über das Wohnungsmietrecht diskutiert, die Situation der kleingewerblichen und gastronomischen Mieter wird jedoch kaum berücksichtigt. Fachleute halten das deutsche Gewerbemietrecht europaweit für eines der mieterunfreundlichsten, da es kleine Gewerbebetriebe und Gastronomie, aber auch soziale und kulturelle Betriebe nicht als schutzwürdig ansieht. Inhabergeführte Läden in den Stadtteilen (Gewerbe, Handwerk, Gastronomie, Kultur- und Sozialeinrichtungen) werden nicht geschützt, sondern verdrängt. So wie das Gewerbemietrecht derzeit unzureichend geeignet ist, diese Entwicklung zu bremsen, sind auch die geltenden Erhaltungs-/Milieuschutzsatzungen nicht darauf ausgelegt, die Mieten-Entwicklung in den Stadtteilen und die Entstehung unerwünschter Monostrukturen (z.B. Gastronomie-Ketten, Handy-Läden, Shisha-Bars) aufzuhalten. Qualität und Vielfalt in der Versorgung der Stadtteile werden zerstört, weil keine Steuerung erfolgt und der Markt dies allein nicht regelt. Das Beispiel des Traditionslokals Heck Meck in Bockenheim hat deutlich gemacht, dass gewachsene kleingewerbliche Strukturen und inhabergeführte Gastronomie angesichts der Spekulation mit Immobilienwertsteigerungen massiv gefährdet sind. Insbesondere in randstädtischen Stadtteilen, aber auch in einigen innerstädtischen Stadtteilen ist das Gewerbe- und Gastronomieangebot schon so ausgedünnt, dass jede weitere Schließung für die Versorgung der Quartiere fatal ist und verhindert werden sollte. Die reduzierte Versorgung trägt zudem dazu bei, dass wieder mehr Verkehr entsteht, weil entferntere Ziele angesteuert werden müssen. Einer Umfrage des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) von 2019 entsprechend, verschwinden immer mehr Betriebe des Bäcker-, Fleischer-, Schuster- oder Schneiderhandwerks aus innenstadtnahen Quartieren, weil sie sich die Mieten der Geschäftsräume nicht mehr leisten können. Der Magistrat muss die Möglichkeiten, die er hat, um der schleichenden Entmischung in den gewachsenen Stadtteilen entgegenzuwirken, offensiv nutzen. Es gilt, eine eigene Strategie mit Maßnahmen für den besseren Schutz des Stadtteilgewerbes zu entwickeln, zu kommunizieren und umzusetzen. Einige Empfehlungen für eine derartige Strategie finden sich bereits im "Räumlich-funktionalen Entwicklungskonzept Gewerbe Frankfurt am Main" von 2015.dazugehörende Vorlage: Auskunftsersuchen vom 02.05.2022, V 390 Stellungnahme des Magistrats vom 29.08.2022, ST 1931 Beratung im Ortsbeirat: 2

Beratungsergebnisse:

17. Sitzung des OBR 2 am 23.01.2023, TO I, TOP 23 Auf Wunsch der CDU-Fraktion wird über die Vorlage OF 568/2 ziffernweise abgestimmt. Beschluss: Anregung an den Magistrat OM 3432 2023 Die Vorlage OF 568/2 wird in der vorgelegten Fassung beschlossen. Abstimmung: Ziffern 1., 9. und 11.: GRÜNE, CDU, SPD, BFF und ÖkoLinX-ARL gegen FDP (= Ablehnung); LINKE. (= Enthaltung) Ziffern 2., 3., 6., 7., 8., 10., 13. und 14.: GRÜNE, SPD, BFF und ÖkoLinX-ARL gegen CDU und FDP (= Ablehnung); LINKE. (= Enthaltung) Ziffern 4., 5. und 12.: Annahme bei Enthaltung LINKE.