Skip to main content Skip to navigation Skip to footer

Entsiegelungskonzept

Vorlagentyp: B

Bericht

Die Stadt Frankfurt am Main stellt sich den Herausforderungen des Klimawandels. Maßnahmen zur Entsiegelung, Begrünung, Verschattung und Versickerung von Niederschlagswasser vor Ort sind wichtige Handlungsfelder der städtischen Klimaanpassung. Wie im Bericht B 5 vom 09.01.2023 mitgeteilt, klärt der Magistrat unter Berücksichtigung der notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen die Rahmenbedingungen für ein Entsiegelungskonzept. Dabei soll in einem ersten Schritt geprüft werden, ob in Konkretisierung bestehender Planunterlagen (zum Beispiel Klimaplanatlas) GIS-basierte Untersuchungen erste Entsiegelungspotenziale als Planungsgrundlage aufzeigen könnten. Unabhängig vom Vorliegen eines Gesamtkonzeptes hat die Stadt das Thema Entsiegelung im Rahmen von Konzepten, Leitfäden, gesamtstädtischen und teilräumlichen Planungen und Förderprogrammen aufgegriffen: - Der Klimaplanatlas bietet eine bedeutsame Grundlage dafür, Räume mit potenziell hohem Handlungsbedarf zu erfassen, um daraus räumliche Prioritäten ableiten zu können, was die Dringlichkeit von Maßnahmen anbetrifft, mit deren Hilfe der Überhitzung des städtischen versiegelten Körpers entgegengewirkt werden kann. - In der Frankfurter Strategie zur Anpassung an den Klimawandel 2.0 werden in einer ganzen Reihe relevanter Bereiche Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel identifiziert (Planung und Bauen, Mobilität und Verkehr, Grün und Stadtnatur, Wasser, Gesundheit), wobei die Entsiegelung von Flächen mehrfach angesprochen ist. - Seit 2017 fördert das Programm Frankfurt frischt auf - 50 % Klimabonus Klimaanpassungsmaßnahmen. Die Stadt unterstützt private Hauseigentümer und Grundstückseigentümerinnen, Unternehmen und Wohnungsbaugesellschaften, die mehr Grün auf, an und hinter das Haus bringen wollen. Gefördert werden unter anderem Entsiegelung und Begrünung von (Hinter-)Höfen, Grundstückseinfahrten und ähnliches: Vorbereitende Maßnahmen wie der genehmigungsfreie Abbruch von Gebäuden, Entfernen von versiegelnden Bodenbelägen, Bodenaufbereitung beziehungsweise Bodenaustausch, Bepflanzungen und gärtnerische Gestaltung von Flächen, Mauern und Zäunen einschließlich Rankhilfen, Schaffen von öffentlichen Zugängen, Anlegen von Hochbeeten und Anschaffen von Pergolen inklusive der jeweils erforderlichen Planung. - Ein weiteres stadtweites Förderprogramm besteht mit dem "Geschenkten Baum". Hierbei können Privatpersonen bis zu 500 € finanziert bekommen, wenn im Siedlungsbereich Bäume gepflanzt werden - ein vielfach praktizierter Anreiz, um damit auch Versiegelungen zurückzunehmen. - Die mögliche enge Verknüpfung zwischen Entsiegelung und Naturschutz wird im Maßnahmenkatalog des 2021 vorgelegten Frankfurter Arten- und Biotopschutzkonzeptes für die Aufwertung von Freiflächen im Siedlungs-, Gewerbe- und Industriebereich hergestellt. - Naturschutzrechtliche Kompensation als Notwendigkeit bei Eingriffen in Natur und Landschaft - bspw. für den weiteren Ausbau von Verkehrs- und Siedlungsflächen - sind heute eng mit Maßnahmen der Entsiegelung verknüpft, so z. B. der Rückbau von Wegen im Außenbereich, die nicht mehr in der ursprünglichen Breite benötigt werden. Entsiegelungen als praktizierte Kompensationen in Frankfurt am Main werden noch an Bedeutung gewinnen, da zukünftig landwirtschaftliche Flächen für Kompensation nur noch stark eingeschränkt in Anspruch genommen werden können. - Ein weiteres Anreizsystem besteht in Frankfurt am Main derart, dass sich über eine gesplittete Abwassergebühr die Entsiegelung von Flächen positiv auf die Gebühren der Nutzerhaushalte auswirkt. - Der Magistrat hat einen Leitfaden für die klimaangepasste Stadtplatzgestaltung entwickelt, dem die Stadtverordnetenversammlung am 30.03.2023 zugestimmt hat. Der Leitfaden sieht vor, dass nach bestimmten Verfahrensschritten eine Auswahlliste von mindestens 10 Stadtplätzen mit einer Priorität für den klimaangepassten Umbau entwickelt wird. Da die finanziellen und personellen Kapazitäten begrenzt sind, sollen zunächst die Plätze mit dem dringlichsten Handlungsbedarf umgebaut werden. Das Grünflächenamt hat bereits den Luisenplatz und den Paul-Arnsberg-Platz klimaangepasst umgestaltet. Weitere Projekte sind in Planung (zum Beispiel Riedbergplatz, Roßmarkt/Goetheplatz/Rathenauplatz). Bei der Umgestaltung von Öffentlichen Plätzen im Programm Schöneres Frankfurt werden in der gemeinsamen Arbeitsgruppe aus Stadtplanungsamt, Amt für Straßenbau und Erschließung und Grünflächenamt bereits zu Beginn der planerischen Überlegungen die Regelungen des Leitfadens für die klimaangepasste Stadtplatzgestaltung beachtet. Dies beinhaltet auch die weitestgehende Entsiegelung im Sinne der Wiederherstellung des natürlichen Wasserkreislaufes auf möglichst vielen Flächen und im Sinne der Herstellung erlebbaren und nutzbaren Grüns in der Stadt. Ebenso, wie bei der grundhaften Erneuerung und Umgestaltung des öffentlichen Straßenraums sind bei der Gestaltung Öffentlicher Plätze unterschiedliche Nutzungsarten und ihre Flächenansprüche in Einklang mit den Anforderungen an eine klimagerechte Gestaltung zu bringen. Neben den verkehrlichen Anforderungen kommen hier, zum Beispiel Freizeit- und Erholungs- oder auch Marktnutzungen hinzu. - Bei den Planungen des Amtes für Straßenbau und Erschließung (ASE), bei denen es um die grundhafte Erneuerung und Umgestaltung des öffentlichen Straßenraumes geht, werden schon auf der Vorplanungsebene die Möglichkeiten von Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen geprüft und berücksichtigt. Dafür erfolgt eine Abstimmung mit den Fachämtern während der Beratung der Planung in der Koordinierungsgruppe Verkehr (KGV). Ebenso werden im Zuge der weiterführenden Planung Maßnahmen zur Bewirtschaftung oder zur Nutzung des Regenwassers im Sinne des Schwammstadt-Konzeptes geprüft. Grundsätzlich sind bei der Planung und Dimensionierung von Bereichen des öffentlichen Raumes die Nutzungsansprüche der einzelnen Verkehrsarten gemäß den technischen Regelwerken zu berücksichtigen. Dazu gehören die Tragfähigkeit und die Haltbarkeit, die Barrierefreiheit und die Qualität der Oberflächen (insbesondere der Rad- und Fußwege) sowie Maßnahmen einer klimaangepassten Stadtgestaltung. Eine Entsiegelung von Flächen des öffentlichen Raumes ist immer in diesem Kontext zu betrachten. In den drei Baubezirken des ASE ist es bereits gängige Praxis, bei der Planung von Sanierungsmaßnahmen im öffentlichen Verkehrsraum auch die Entsiegelung von Flächen zu berücksichtigen. Dabei arbeitet das ASE eng in Abstimmung mit dem Grünflächenamt und nutzt deren fachliche Expertise. So werden beispielsweise im Zuge der Baumaßnahmen bestehende Baumscheiben oder Pflanzflächen vergrößert. Dies geschieht häufig im Zusammenhang mit Gehwegsanierungen aufgrund von Wurzelschäden. Bei größeren Maßnahmen werden Möglichkeiten zur Entsiegelung im Vorfeld überprüft und in den Ausschreibungen berücksichtigt. Ein aktuelles Beispiel dazu sind die Baumaßnahmen in der Melchiorstraße auf Höhe des Höchster Marktplatzes (Umsetzung Sommer/Herbst 2023). Die Baubezirke des ASE pflegen zudem eine gemeinsame Übersicht zu möglichen, geplanten und durchgeführten Entsiegelungsflächen und -maßnahmen. Vorschläge für Entsiegelungsflächen von Seiten der Ortsbeiräte sowie aus der Bevölkerung werden - soweit möglich - berücksichtigt. - Im Vorgriff auf ein Entsiegelungskonzept werden Möglichkeiten für die Ausdehnung von Straßenbegleitgrün sowie Schaffung von Flächen für Kleinbegrünungen ohne Baumpflanzungen geprüft. Dabei stehen auch ämterübergreifende Abstimmungen im Fokus, die primär Prioritäten und Ressourcen betreffen. Erste Begrünungsprojekte privater Initiativen, die über das Förderprogramm "Green it up" ausgewählt wurden, starten zeitnah. Diese sollen auch dazu dienen, Erfahrungen über Anpflanzungen und Pflege dieser Flächen zu sammeln - gerade auch vor dem Hintergrund des Klimawandels. Der Magistrat beabsichtigt darüber hinaus, ein Konzept für Entsiegelungen und Kleinbegrünungen von Flächen im Straßenraum unterhalb von 50 m2 zu erarbeiten. Erkenntnisse aus dem Förderprogramm "Green it up" fließen dabei mit ein. Sobald das Konzept erstellt wurde, können Flächen geprüft und bei positivem Prüfungsergebnis unter Berücksichtigung der notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen entsiegelt und begrünt werden. - Die Gestaltungssatzung Freiraum und Klima (Freiraumsatzung) muss bei allen Neu- und Umbauten von Grundstücken und Gebäuden beachtet werden. Mit der neuen Satzung soll eine angemessene und ausreichende Begrünung und Bepflanzung der Grundstücksfreiflächen und baulicher Anlagen im Stadtgebiet sichergestellt werden. Dies trägt zur lokalen Klimaverbesserung und zur Biodiversität insbesondere in den dicht bebauten Stadtteilen bei. Im Wesentlichen müssen nach der Freiraumsatzung Höfe und Teile der Fassade sowie hierfür geeignete Dachflächen mit Pflanzen begrünt werden. Versiegelungen sollen vermieden werden und Bereiche mit Schatten entstehen. Mit der Freiraum- und Gestaltungssatzung beugt der Magistrat einer zunehmenden Versiegelung der Flächen vor. - Der Magistrat sucht aktuell Standorte für die Anlage von Tiny Forests in moderat bis stark überwärmten Bereichen. Diese zumeist innerstädtischen Flächen sind allerdings in der Regel stark beengt und werden von zahlreichen Nutzungen und Nutzer:innengruppen beansprucht. Auch wenn Tiny Forests theoretisch bereits ab einer Größe von 100 m2 etabliert werden können, kann ein "Flächenentzug" in dieser Dimension bereits zu Konflikten führen und andere Nutzungen einschränken. Grundsätzlich bieten sich zu entsiegelnde Flächen vorrangig an, da der ökologisch und mikroklimatische Effekt deutlich höher ist, als bei der Pflanzung eines Tiny Forest auf nicht versiegelten Flächen. Der Magistrat hat bereits zahlreiche Flächen hinsichtlich ihrer Eignung zur Anlage eines Tiny Forest geprüft und wird diese Prüfung auch weiter fortführen. Ein erster Tiny Forest wird voraussichtlich im Herbst 2023 im Grünzug Gederner Straße auf Flächen des Grünflächenamtes realisiert werden. Initiator ist die Initiative Mainwäldchen, die auf ca. 100 m2 ein entsprechendes Wäldchen unter Einbeziehungen benachbarter Akteure und mit Unterstützung des Grünflächenamtes realisieren wird. - Im gesamtstädtischen Kontext wurde der Magistrat im Zuge der letzten Aktualisierung des Gewerbeflächenentwicklungskonzepts - Rechenzentrenkonzept (§ 1838 vom 09.06.2022) mit der Entwicklung von "Standards für die städtebauliche Qualität von Rechenzentren (...)", beauftragt. Entsprechende Leitlinien, die auch eine Begrenzung der Flächeninanspruchnahme beinhalten, werden derzeit erarbeitet. - Mit dem Instrumentarium der Bebauungspläne nach § 8 Baugesetzbuch werden örtlich verbindliche Festsetzungen zum Grad der zulässigen Versiegelung auf Baugrundstücken getroffen und den Stadtverordneten zur Beschlussfassung als Satzung vorgelegt. Hierbei werden informelle Planungen und Konzepte berücksichtigt, wie bspw. der Freiflächenentwicklungsplan, die gezielt Qualitäten der zukünftigen Freiflächenentwicklung formulieren. Im Rahmen der Möglichkeiten des § 9 Absatz 1 Baugesetzbuch werden hierbei auch Qualitäten bezüglich der Ausgestaltung der Freiflächen getroffen. Dies erfolgt im Abgleich mit den Standards der Gestaltungssatzung Freiraum und Klima sowie unter Berücksichtigung der spezifischen örtlichen Gegebenheiten. Eine besondere Rolle spielt dies unter anderem bei der Überarbeitung des Planungsrechts in den verschiedenen Gewerbegebieten der Stadt. So werden neben der Aufnahme spezifischer Festsetzungen für die Freiraumgestaltung auch zusätzliche Flächen zur Freiraumverknüpfung festgesetzt. - In den Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepten für die verschiedenen Stadterneuerungsgebiete (derzeit Gebiete des Programms Sozialer Zusammenhalt Ben-Gurion-Ring, Nied und Sossenheim sowie des Programms Wachstum und Nachhaltige Erneuerung Griesheim-Mitte) wird die Zielsetzung der Entsiegelung räumlich spezifiziert und mit Maßnahmen, wie dem Programm zur Förderung der Regenwasserbewirtschaftung in Griesheim-Mitte hinterlegt. Insbesondere die Probleme der Versiegelung sowie der Nutzen der Entsiegelung werden in den Konzepten umfassend aufgezeigt und Bürger:innen in der täglichen Arbeit der Quartiersbeauftragten vermittelt. - Im Programm zur Energetischen Modernisierung des Wohnungsbestandes werden Fördergelder für Maßnahmen zur Entsiegelung und Verbesserung der Freiraumqualität vergeben, sowohl auf einzelnen Privatgrundstücken als auch für große, zusammenhängende Maßnahmen auf öffentlich zugänglichen Flächen im Bestand der Siedlungsbauten der 1960er und 1970er Jahre, beispielsweise in Niederrad. - Als Rahmenbedingungen für die städtebauliche Gestaltung wurden durch das Stadtplanungsamt die Leitlinien "Qualitäten im Städtebau" sowie die "Städtebaulichen Qualitätsanforderungen an Handelsimmobilien" veröffentlicht. Hierin werden Freiraumqualitäten und die Verknüpfungen mit den angrenzenden Nutzungen korrespondierend zu den verbindlichen Regelungen der Gestaltungssatzung Freiraum und Klima beschrieben und als Grundlage für den städtebaulichen Entwurf auch für private Bauherrn und als Leitlinien für die Bauberatung definiert. Im Rahmen der jährlichen Berichtspflicht wird der Magistrat zum Umsetzungsstand berichten.

Verknüpfte Vorlagen