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Strategie zum Schutz von Stadtteilgewerbe und Gastronomie in Bockenheim und anderen Stadtteilen

Vorlagentyp: ST Magistrat

Stellungnahme des Magistrats

Der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main nimmt wie folgt Stellung: zu 1., 2. und 4.: Das Stadtteilgewerbe (Handel, Handwerk, Gastronomie, Dienstleistungen) ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Frankfurt am Main. Mangelnde Erweiterungsmöglichkeiten und Nutzungskonflikte führen jedoch zur sukzessiven Verlagerung und Abwanderung von Betrieben aus den Stadtteilen und einer damit einhergehenden Schwächung dieser städtischen Teilräume, etwa eine Ausdünnung der Versorgung, messbare Arbeits-/Ausbildungsplatzverluste oder sogar Gewerbesteuerrückgänge. Industrie- und Handelskammer sowie Handwerkskammer unterstützen, ebenso wie der Handelsverband und andere Netzwerkpartner, die Tätigkeiten der Wirtschaftsförderung zur Stärkung des Stadtteilgewerbes. Die Akteure arbeiten bspw. bei der Vorbereitung zur Entwicklung von Handwerkerhöfen zusammen und unterstützen gemeinsame Aktionen u.a. zur Erhöhung der Sichtbarkeit des Stadtteilgewerbes oder bei Angeboten zur zukunftsfähigen Ausrichtung der Unternehmen in bestimmten Branchen, wie dem Einzelhandel. So sind beispielsweise regelmäßig stattfindende Wirtschaftstage, Gewerbeschauen oder das Aktionsprogramm "Frankfurt am Start" zu nennen. Die Wirtschaftsförderung ist zudem ein verlässlicher Ansprechpartner für die Wirtschaft auf Stadtteilebene. Unternehmen werden von der Wirtschaftsförderung individuell vor Ort in allen Anliegen und Situationen beraten. Bei den Projekten der Wirtschaftsförderung auf Stadtteilebene werden die bestehenden Gewerbevereine und Interessengemeinschaften der Wirtschaft als Partner für die Umsetzung von Maßnahmen eingebunden und erhalten auch finanzielle Förderungen. Bei der Entwicklung von weiteren strategischen Ansätzen zur Sicherung und Weiterentwicklung des Stadtteilgewerbes wird diese gute Zusammenarbeit fortgesetzt. Neben diesen Aktivitäten der Wirtschaftsförderung und der anderen Interessenvertretungen der Wirtschaft sieht der Magistrat die Instrumente der Bauleitplanung als zielführende Mittel an, um das Stadtteilgewerbe zu unterstützen und zu schützen. Auf die Gegebenheiten des Marktes sowie der deutschlandweit geltenden Rechtslage hat der Magistrat dagegen nur bedingt Einfluss. Einer Kampagne für mehr Gewerbeschutz vor Verdrängung durch steigende Mieten werden vom Magistrat wenig Erfolgsaussichten eingeräumt. Darüber hinaus sieht der Magistrat aufgrund personeller und finanzieller Ressourcen keine Möglichkeiten zur Entwicklung und Umsetzung einer Strategie für das Stadtteilgewerbe in Frankfurt bzw. speziell für Bockenheim. zu 3.: Das Stadtteilgewerbe unterliegt einem regelmäßigen Monitoring durch Vor-Ort-Besuche der Wirtschaftsförderung. Hierbei zeigt sich, dass in Bockenheim grundsätzlich ein guter Branchen-Mix besteht. Zudem ist die Wirtschaftsförderung kontinuierlich in den Stadtteilen unterwegs, um leerstehende oder potenziell leer werdende Gewerbeimmobilien aufzunehmen und zeitnah neu zu vermitteln. Im Gespräch mit Gewerbetreibenden und Immobilieneigentümern wird das Bewusstsein für die Bedeutung des Stadtteilgewerbes und die Belegung der Flächen durch qualitativ hochwertige Nutzungen und vielfältige Angebote regelmäßig geschärft. Das reale Konsumverhalten der Bevölkerung steht jedoch mitunter im Gegensatz zu den in öffentlichen Interessenbekundungen oft genannten und gewünschten Nutzungsmischungen. zu 5.: Der Magistrat der Stadt Frankfurt sieht die Runden Tische in den Stadtteilen grundsätzlich als eine gute Gelegenheit, mit den Gewerbetreibenden ins Gespräch zu kommen bzw. im Gespräch zu bleiben und eine Beteiligung an aktuellen Themen und Prozessen zu fördern. Die bisher organisierten Treffen, insbesondere in Bockenheim, konnten jedoch keine repräsentativen Erfolge aufweisen, da die Teilnehmerzahlen trotz intensivem und frühzeitigem Einladungsmanagement hinter den Erwartungen zurückblieben. Es ist deshalb zu prüfen, wie eine Aktivierung der Gewerbetreibenden besser gelingen kann. zu 6. und 7.: Entspricht eine beantragte Baumaßnahme den im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften, so hat die Bauaufsichtsbehörde die Baugenehmigung zu erteilen. Dementsprechend können Umnutzungen von gewerblich genutzten Erdgeschossflächen zu Wohnzwecken nur dann versagt werden, wenn diese planungsrechtlich unzulässig sind, z.B. in Gewerbegebieten oder durch entsprechende Festsetzungen in Bebauungsplänen. zu 8.: Die Hessische Bauordnung (HBO) ist nicht die maßgebliche Rechtsgrundlage für die vorgeschlagene Änderung. Die HBO regelt das für Hessen geltende Bauordnungsrecht, d.h. sie stellt durch konkrete bauliche und technische Anforderungen sicher, dass von baulichen Anlagen keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen. Darüber hinaus regelt die HBO die erforderlichen Verfahren. Planungsrechtliche Festsetzungen werden in Bebauungsplänen bzw. nach den Vorschriften des Baugesetzbuches und der Baunutzungsverordnung getroffen. zu 9.: Das durch die Wirtschaftsförderung im Auftrag des Magistrats durchgeführte Pilotprojekt "Kümmerer Funktion in den Haupteinkaufsbereichen" endete am 31.12.2022. Ziel war es, temporär kleine und mittelständische Unternehmen in den Stadtteilen bei standortspezifischen Problemen ergänzend zu unterstützen sowie eine Verstärkung der projektbezogenen Aktivitäten für den Einzelhandel in den größeren Einkaufsbereichen zu ermöglichen. Eine Fortsetzung des Pilotprojekts war aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht möglich. Der Magistrat wird die Stadtteile und insbesondere den Frankfurter Einzelhandel jedoch weiterhin unterstützen. Den Gewerbetreibenden in den Einkaufsstraßen steht die Wirtschaftsförderung als direkter Ansprechpartner zur Verfügung. Diese bearbeitet neben den unmittelbaren Anliegen der Unternehmen vor Ort auch übergeordnete wirtschaftsbezogene Themen und Projekte in den Stadtteilen. Eine bessere personelle Ausstattung der aufsuchenden Gewerbeberatung ist aus Sicht des Magistrats erforderlich, scheitert jedoch an den finanziellen Mitteln. zu 10.: In einem Großteil der Stadtteile Frankfurts gibt es Gewerbevereine, Interessengemeinschaften oder Standortinitiativen, die die Interessen der Gewerbetreibenden vertreten und Ideen umsetzen. Neben der Vernetzung der Akteure untereinander, stoßen Gewerbevereine, Interessengemeinschaften oder Standortinitiativen auch Projekte an, die die Attraktivität und Sichtbarkeit der Stadtteile hervorheben. In den vergangenen Jahren konnten so bspw. mit dem Aktionsprogramm "Frankfurt am Start" Gewerbeschauen und sonstige Aktionen ins Leben gerufen werden, mit dem Ziel sowohl die kleingewerblichen als auch gastronomischen Unternehmen zu unterstützen und sichtbar zu machen. Diese Möglichkeiten sollen auch künftig weiter genutzt werden. Allerdings nimmt die Zahl der aktiven Gewerbevereine, Interessengemeinschaften und Standortinitiativen in der jüngeren Vergangenheit kontinuierlich ab, sodass stärker über neue Strukturen und Möglichkeiten der Förderung nachgedacht werden muss. zu 11.: Der Magistrat verfügt bereits über ein etabliertes Instrumentarium der Vernetzung zwischen Anbietern von Immobilien und potenziellen Nutzern. So existiert neben der Leerstandsagentur RADAR auch ein kontinuierlich betriebenes Leerstandsmanagement der Wirtschaftsförderung. Hier werden Leerstände erfasst, Eigentümer kontaktiert und potenzielle Nutzer nach Absprache vermittelt. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit unterschiedlichen Formen der Ansprache, der geringen Mitwirkungsbereitschaft von Eigentümern, sowie der Tatsache, dass die Wirtschaftsförderung nicht als maklerähnlicher Akteur auf dem Markt auftreten kann, werden unter den derzeitigen Rahmenbedingungen keine weiteren Möglichkeiten einer einfacheren Vernetzung gesehen. zu 12.: Der Magistrat führt eine Interessentenliste für Gewerbemieter und nimmt für schwierig zu vermietende Liegenschaften die Unterstützung von Maklern in Anspruch. In der Regel handelt es sich dabei um Gewerbeobjekte in sehr hochpreisigen Gegenden oder in baulich schlechtem Zustand. Bei der Bemessung der Mieten ist der Magistrat an die gesetzlichen Vorgaben gebunden. In § 109 HGO wird geregelt, dass Flächen zu marktüblichen Konditionen überlassen werden. Hierbei orientiert sich das Fachamt am Gewerbemarktbericht der IHK oder lässt ein individuelles Mietwertgutachten erstellen. Im Fall der genannten Liegenschaft Jordanstraße 3 war nach langem Leerstand eine Veräußerung vorgesehen, um die Immobilie durch einen privaten Käufer wieder in einen vermietbaren Zustand zu überführen. Die Besetzung durch Aktivisten der Hausbesetzerszene sowie der Verzicht auf Strafantrag und Räumung durch das zuständige Dezernat haben jedoch einen Zustand herbeigeführt, in dem eine Veräußerung nicht bzw. nur zu unwirtschaftlichen Konditionen für die Stadt erfolgen kann. Die weitere Entwicklung ist gegenwärtig nicht abzusehen. zu 13. und 14.: Vor dem Hintergrund der für kleinere und mittlere Gewerbebetriebe einhergehenden Herausforderungen hat der Bundesrat die Bundesregierung qua Entschließung vom 19. Oktober 2018 (Drucksache 414/18) gebeten, "Maßnahmen im Dreiklang aus Gewerbemietrecht, Wirtschaftsförderung und Städtebaurecht zu prüfen, die geeignet sind, einer Verdrängung von kleinen und mittleren Unternehmen, von Einzelhandels- und Handwerksbetrieben und sozialen Einrichtungen in innerstädtischen Lagen entgegenzuwirken." Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage im Bundestag (Drucksache 19/7410) prüft die Bundesregierung "gemäß der Entschließung [...] derzeit, ob ein Bedarf für entsprechende Maßnahmen besteht." Aufgrund dessen ergreift der Magistrat derzeit keine weitere Initiative zur Anpassung des Gewerbemietrechts oder von Erhaltungs- und Milieuschutzsatzungen.

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