Vorbereitungen zu einer Museumsdependance in Heddernheim Informationstafeln zur Frankfurter Silberinschrift
Stellungnahme des Magistrats
Die in der Anfrage des Ortsbeirats formulierten Fragen beziehen sich ausschließlich auf das historisch-archäologische Umfeld der "Frankfurter Silberinschrift" und des Kultbezirkes von Nida (Frankfurt am Main-Heddernheim). Ein direkter Bezug zu den laufenden Planungen der Dependance des Archäologischen Museums Frankfurt (AMF) in Heddernheim ist dabei nicht ersichtlich. Eine Präsentation der Frankfurter Silberinschrift aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. in den zukünftigen Ausstellungsräumen "In der Römerstadt 126-134" ist aus sicherheitstechnischen, konservatorischen und konzeptionellen Gründen nicht möglich. Für die Präsentation der Silberinschrift sind die Räume des AMF in der Karmeliterkirche vorgesehen. Dort wird dieses für die frühe Geschichte des Christentums weltweit bedeutende Objekt im zeitlichen, kulturellen Kontext seiner Auffindung gezeigt. Dafür wird derzeit eigens eine hochwertige Ausstellungsvitrine produziert, die nach Beratung durch die Polizei höchsten Sicherheitsstandards entspricht und auch die konservatorischen Voraussetzungen erfüllt. Der Bau und die Anschaffung dieser Vitrine wurde durch eine Spende der Dr. Marschner Stiftung Frankfurt a. M. in Höhe von € 33.000 ermöglicht. Die Präsentation im Hauptgebäude des Archäologischen Museums Frankfurt, im Chor der ehemaligen Klosterkirche der Karmeliter in der Frankfurter Innenstadt, wird der herausragenden Bedeutung der Frankfurter Silberinschrift gerecht, zumal sie von Dienstag bis Sonntag der Öffentlichkeit zugänglich ist, wohingegen die in Heddernheim entstehende Dependance des AMF nur nach Anmeldung oder zu besonderen Anlässen für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird. Die wissenschaftliche Bearbeitung der Befunde und Funde des Gräberfeldes Praunheim-"Heilmannstraße", dem Fundort der frühchristlichen Silberinschrift, erfolgt in Zusammenarbeit des Archäologischen Museums Frankfurt mit Fachkolleginnen und -kollegen des Denkmalamtes, der Universitäten Frankfurt, Tübingen, Bonn und Regensburg sowie des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA) in Mainz. Eine umfassende Publikation der Ergebnisse wird im AMF vorbereitet und im kommenden Jahr in der Schriftenreihe des Museums erscheinen. Für die Aufarbeitung der Grabungen im Kultbezirk von Nida, der in den Jahren 2016-2018 und 2022 vom Denkmalamt der Stadt Frankfurt im Rahmen des Neubaus der "Römerstadtschule" freigelegt wurde, bewilligten die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Schweizer Nationalfonds (SNF) Ende Mai 2025 für drei Jahre eine Fördersumme von rund 1,1 Millionen Euro. Die Koordination des Projektes "Der zentrale Kultbezirk von Nida (Frankfurt a. M.-Heddernheim): interdisziplinäre Studien zu Raumgestaltung und Deponierungen" liegt in den Händen des Archäologischen Museums Frankfurt; beteiligt sind darüber hinaus Kolleginnen und Kollegen des Instituts für Archäologische Wissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität Basel. Als Kooperationspartner wirken das Denkmalamt der Stadt Frankfurt sowie die Römisch-Germanische Kommission (RGK) des Deutschen Archäologischen Institutes (DAI) an dem Projekt mit. Die fachliche Kompetenz für die wissenschaftliche Auswertung und die publikumswirksame Präsentation der Ergebnisse der beiden Forschungsvorhaben liegt in Händen des Archäologischen Museums Frankfurt. Die Öffentlichkeit wurde in den vergangenen Jahren im Rahmen von Vorberichten in Fach- und populärwissenschaftlichen Zeitschriften sowie von Vorträgen informiert. Zur "Frankfurter Silberinschrift" existiert zudem seit der Präsentation im Dezember 2024 eine umfassende Berichterstattung in verschiedenen Medien, die heute noch zugänglich ist. Das Grab mit der Silberinschrift wird seit 18. Dezember 2024 im AMF ausgestellt; es gibt dazu von Seiten des Museums ein umfangreiches Angebot an Führungen und Workshops. Zu den einzelnen Fragen:
- Nein. Erläuterung: Diese Frage ist nicht seriös zu beantworten. Derzeit laufen noch naturwissenschaftliche Untersuchungen, um die Herkunft des mit der Silberinschrift bestatteten Mannes einzugrenzen. Jedoch vermögen selbst diese Strontium-Analysen im besten Falle eine regionale(!) Herkunft anzuzeigen; eine weitergehende Differenzierung ist wissenschaftlich nicht möglich. Die übrigen Beigaben der Körperbestattung zeigen keinerlei Auffälligkeiten; sie spiegeln weitestgehend den in dieser Zeit in weiten Teilen der römischen Nordprovinzen üblichen Bestattungsritus wider. Selbst eine geochemische Analyse der beiden im Grab enthaltenen Keramikgefäße könnte bestenfalls deren Produktionsort näher eingrenzen, nicht aber die Herkunft der bestatteten Person.
- Die Frage kann nur eingeschränkt beantwortet werden. Im Gräberfeld "Heilmannstraße" fand sich in einem der Körpergräber ein Silberring mit der eingravierten Inschrift "MIN", was wahrscheinlich zu "Minerva" ergänzt werden kann. Damit ist ein Bezug zur gleichnamigen römischen Göttin wahrscheinlich. Darüber hinaus enthalten einige Beigabenensembles der Körpergräber Objekte, deren Funktion im Zusammenhang mit dem Totenkult derzeit kaum zu beantworten ist. Möglicherweise müssen einige davon dem kultisch-magischen Bereich zugeordnet werden. Weitere "christlich" zu konnotierende Funde sind nicht vorhanden.
- Nein. Erläuterung: Für die Christenverfolgung des Traianus Decius (Kaiser 249-251 n. Chr.) existieren keine Schriftquellen zur Situation in den gallischen und germanischen Provinzen. Diese waren zu diesem Zeitpunkt teilweise bereits rund 250 Jahre Teile des Römischen Reiches und können damals keineswegs als "militärisch unsicher" gelten. Schriftliche Quellen zu den Verhältnissen an den Grenzregionen des Römischen Reiches sind grundsätzlich selten; meist sind diese Gebiete für antike Autoren nur im Fall kriegerischer Auseinandersetzungen von Interesse. Die archäologische Datierung des Grabes mit der Silberinschrift in den Zeithorizont 230-260 n. Chr. erlaubt es zudem nicht, eine direkte Verbindung mit den Ereignissen des Jahres 250 n. Chr. herzustellen. Diese ist denkbar, aber keineswegs wahrscheinlich.
- Nein. Erläuterung: Grundsätzlich gilt wie unter
- ausgeführt, dass wir außerhalb kriegerischer Ereignisse wenige schriftliche Quellen zur Situation in den Grenzprovinzen haben. Konflikte unter den Anhängern unterschiedlicher Religionen sind zudem im Römischen Reich absolute Ausnahmen; es herrschte vielmehr weitgehende religiöse Toleranz. Ein wesentlicher Grund dafür war der Umstand, dass man frei war, sich mehreren Kulten anzuschließen. So finden sich u. a. in den Mithras-Heiligtümern in Nida auch Bilddarstellungen sowie Weihungen an andere Gottheiten wie Epona, Minerva, Fortuna oder Merkur. Ein Alleinvertretungsanspruch einer religiösen Strömung war bei den paganen (heidnischen), zumeist polytheistischen Kulten nicht bekannt. Dies war hingegen eine Eigenheit der beiden in römischer Zeit relevanten monotheistischen Religionen, des Judentums und des Christentums. Allein mit Anhängern dieser Religionen kam es im Lauf des
- -
- Jahrhunderts n. Chr. mehrfach zu Konflikten, die auch in gezielten Verfolgungen gipfelten.
- Die Aufarbeitung der Befunde und Funde aus dem zentralen Kultbezirk von Nida erfolgt zurzeit im Rahmen des erwähnten DFG-Projekts. Bei den Grabungen wurden etwa 70 Schächte und zehn Gruben für (rituelle) Deponierungen untersucht. Die Schächte ("Kultgruben") entsprechen sich weitgehend in ihrer Grundform (rechteckig bis nahezu quadratisch), den Maßen und den Verfüllungsmerkmalen. Außerhalb des Kultbezirkes sind vergleichbare Strukturen bislang nicht nachgewiesen. Die Einfüllungen der Schächte enthielten neben zahlreichen Keramikgefäßen große Mengen an tierischen Überresten, darunter auch von Fischen und Vögeln. Diese organischen und anorganischen Objekte werden derzeit als Reste kultischer Mahlzeiten und Opferhandlungen für die Götter interpretiert. Davon zu unterscheiden sind zehn zumeist amorphen Gruben, die aus der Spätzeit des Kultbezirkes in der
- Hälfte des
- Jahrhunderts n. Chr. stammen. Sie sind sehr fundreich, wobei sich das Material aus den Einfüllungen kaum von dem zeitgleicher "Abfallgruben" außerhalb des Kultbezirkes unterscheidet. Es ist derzeit nicht eindeutig zu entscheiden, in wieweit die unterschiedlichen Deponierungsarten auf Veränderungen in Kult oder Ritual oder zumindest mit diesen in Zusammenhang stehenden Praktiken schließen lassen. Insbesondere die Ähnlichkeit des Inhalts einiger Schächte und vor allem der Gruben mit "gewöhnlichen" Mülldeponierungen wird dabei kritisch zu bewerten sein. Die große Anzahl von teils kleinteiligem Bauschutt in vielen dieser Befunde wie auch der aus einem Mauerausbruch eines großen Steinbaus geborgene Wandputz könnte Umbauten im Kultbezirk oder gar eine finale rituelle Einplanierung (clausura) oder Mülldeponierung im bereits aufgegebenen Kultbezirk belegen. In den erwähnten Gruben und Schächten gab es keinen Skelettfund. Innerhalb des Kultbezirks wurden jedoch drei menschliche Skelette dokumentiert: Zwei davon lagen parallel zu Mauerzügen von Steinbauten innerhalb des Areals. Für beide liegt die AMS-14C-Datierung der Knochen im 1σ-Bereich cal. AD 83-
- Derzeit wird erwogen, sie als eine Art "Bauopfer" aus der Zeit der Errichtung des Kultbezirkes anzusprechen. Vergleichbare Befunde sind jedoch im Limesgebiet und den angrenzenden Regionen nicht bekannt; dieser Umstand bedarf weiterer Untersuchungen. Ein drittes Skelett stammt aus einer Brunnenverfüllung (Stelle 1711), in der sich neben Bauschutt und Keramik eine bronzene Statuette der Göttin Diana und der bronzene Sockel einer inschriftlich auf den
- September des Jahres 246 n. Chr. datierten Weihung für den Gott Mercurius Alatheus fanden. Nach Ausweis einer ebenfalls in der Einfüllung gefundenen Münze des Traianus Decius kann die Verfüllung des Brunnens nicht vor 249 n. Chr. erfolgt sein. Möglicherweise entsorgte man in dem offenen Brunnenschacht in der Spätzeit des Kultbezirkes Schutt, die Götterbilder und den menschlichen Leichnam.