Sitzgelegenheiten vor dem Konsumraum in der Niddastraße
Stellungnahme des Magistrats
Aus Betroffenensicht wird der Vorschlag des Ortsbeirats ausdrücklich befürwortet. Expert:innen der Drogenhilfe betonen, dass Sitzgelegenheiten die Situation und den Anblick von wartenden Menschen, die sich im öffentlichen Raum aufhalten verbessern. Das Ordnungsamt nennt es grundsätzlich richtig, dass regengeschützte Sitzmöglichkeiten (sogenannte Sitzpilze) den Aufenthalt für die Menschen im Bahnhofsviertel angenehmer und würdevoller gestalten könnten. Darüber hinaus könnten solche Sitzgelegenheiten zu einem ordentlicheren Erscheinungsbild insgesamt im Bahnhofsviertel beitragen. Es bestehen jedoch Bedenken dahingehend, dass sich die Verweildauer der Personen im direkten Umfeld der Einrichtung verlängert bzw. verfestigt, was der Zielsetzung von "OSSIP" widerspräche sowie Reinigungsmaßnahmen erschwert würden. Aus fachlicher Sicht und aus gesellschaftlicher Sicht, befürwortet das Drogenreferat Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum ausdrücklich und empfiehlt, den Vorschlag des OBR 1 zumindest testweise umzusetzen. Das Drogenreferat kommt zu der Einschätzung, dass die Arbeit von OSSIP-Streetwork nicht beeinträchtigt wird. Auch wird keine Verhaltensänderung in Bezug auf eine längere oder ausgeprägtere Verweildauern erwartet. Bänke oder sonstige mobile Sitzmöbel holen Menschen im Wortsinn vom Gehsteig und führen zu einer veränderten Wahrnehmung von Menschen, die sich im öffentlichen Raum aufhalten. Der öffentliche Raum wirkt dadurch geordneter, die Lage erscheint kontrolliert. Dieser Aspekt des "social design" trägt maßgeblich dazu bei, dass sich Bürgerinnen und Bürger weniger gestört fühlen und das Sicherheitsgefühl steigt. Zu diesem Schluss kommt unter anderen der Forschungsverbund DRUSEC (Drugs and Urban Security). In seinen Handlungsempfehlungen für Städte mit offenen Drogenszenen und Drogenkonsumräumen vom November 2020 nennen es die Experten sogar "notwendig", den öffentlichen Raum im Umfeld von Drogenkonsumräumen sozialverträglich zu halten und menschenwürdig zu gestalten. Als Beispiele werden Sitzgelegenheiten, Regen- und Sonnenschutz oder Trinkwasserspender genannt. Die Handlungsempfehlungen, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, sehen mehrfachen Nutzen in einer attraktiven Gestaltung des öffentlichen Raums, der die Belange der Öffentlichkeit, aber auch die Bedürfnisse von marginalisierten Gruppen berücksichtigt: Neben dem oben erwähnten steigenden Sicherheitsgefühl für Passantinnen und Passanten, minimiere ein sozialverträgliches Ambiente das Risiko für marginalisierte Menschen im Umfeld von Drogenhilfeeinrichtungen Opfer von Gewalt und Kriminalität zu werden und steigere somit auch deren Sicherheitsgefühl. Als weiteren positiven Aspekt eines sozialverträglichen Ambientes vor im Umfeld von Hilfeeinrichtungen nennt der Forschungsverbund, dass dadurch verhindert wird wurde, dass sich Gruppen marginalisierter Menschen weiter ausbreiten. Sozialräumliche Maßnahmen haben aus Sicht des Forschungsverbunds DRUSEC "durchaus auch ordnungspolitischen Charakter". Social Design gewinnt als Arbeitsansatz in der Wissenschaft und Praxis und insbesondere auch in Stadtgebieten mit Drogenszenen - zunehmend an Bedeutung. Thomas Jäger, Vorstandsmitglied des Deutschen Design Clubs sowie von Humanitarian Designers, verweist auf wissenschaftliche Erkenntnisse, dass eine attraktive Gestaltung der Umwelt direkt das Verhalten beeinflusst: "Würdevoll gestaltete öffentliche Räume ermöglichen nicht nur Respekt und Akzeptanz für marginalisierte Gruppen, sondern tragen aktiv zur Heilung und sozialen Integration bei." Da in Frankfurt bislang keine Erfahrungen vorliegen, soll ein 6-monatiges Pilotprojekt mit einzelnen Sitzgelegenheiten an geeigneten Standorten im Umfeld der Drogenhilfeeinrichtung durchgeführt werden und eine Validierung erfolgen. In die Konzeption und die Festlegung der Standorte sollen breit die beteiligten Ämter (Ordnungsamt, Polizei, Ortsbeirat, OSSIP, Mobilitätsdezernat sowie Grünflächenamt) sowie der Träger eingebunden werden.