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Lager Wenzelweg

Vorlagentyp: ST Magistrat

Stellungnahme des Magistrats

Die Existenz eines "Zivilarbeiterlagers" im Heddernheimer Wenzelweg während des Zweiten Weltkriegs war bekannt. Neben dem Eintrag im "Catalogue of Camps and Prisons in Germany and german-occupied Territories" (CCP) wird das Lager im Wenzelweg 21 auch auf der im Internetportal www.frankfurt1933-1945.de im September 2003 eingestellten "Tabellarischen Übersicht der sonstigen Lager für Zwangs- und Fremdarbeiter sowie Kriegsgefangene und Arbeitsbataillone" aufgeführt - allerdings nur mit der lapidaren Bemerkung "Art der Belegung - keine weiteren Angaben bekannt". Aufgrund der Anfrage des Ortsbeirats wurde in den Beständen des Instituts für Stadtgeschichte eine vertiefte Recherche eingeleitet, bei der in dem Hausstandsbuch zum Wenzelweg 21 (ISG FFM Bestand A.12.03, Nr. 2079) insgesamt 1.147 Datensätze (!) von Ausländern entdeckt wurden, die zwischen 1939 und 1945 dort gemeldet waren. Die Einträge enthalten Angaben zu Namen, Geburtsdatum und -ort, Familienstand, Nationalität und Beruf sowie zur An- und Abmeldung, wobei es sich überwiegend um Personen aus Westeuropa handelt: Belgien (377 Personen), Frankreich (296), Niederlande (225), Italien (87) und Frankreich-Elsass (7). Staatenlose (62) kamen meistens aus dem polnischen Raum. Weitere Herkunftsländer waren Bulgarien (2), China (4), Jugoslawien (9), Kroatien (17), Litauen (15), Luxemburg (1), Polen (16), Protektorat Böhmen und Mähren (3), Russland (3), Schweiz (3), Slowenien (1), Slowakei (8), Spanien (1) und Ungarn (5). Teilweise wurden Personen ein zweites Mal angemeldet, teilweise wurde der Eintrag begonnen und wieder durchgestrichen. Arbeitgeber sind in dem Hausstandsbuch Nr. 2079 leider nicht angegeben. Lediglich bei einer Anmeldung und bei einer Abmeldung findet sich der Zusatz "VDM". Möglicherweise ein Hinweis darauf, dass die "Vereinigte Deutsche Metallwerke AG" auch im Wenzelweg 21 Arbeiter untergebracht haben könnte. Die am 26. Oktober 2000 von der Stadtverordnetenversammlung einstimmig - nur die Vertreter der Partei "Die Republikaner" waren dagegen - beschlossene "Soforthilfe der Stadt Frankfurt am Main an ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter" (§ 7105) wurde analog zu den Zahlungsregelungen der Bundesstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" gewährt und überwiegend an sogenannte Ostarbeiterinnen und Ostarbeiter ausgezahlt. Dem Abschlussbericht des Frankfurter Magistrats vom 20. August 2007 (B 581) ist zu entnehmen, dass im Rahmen des Soforthilfe-Programms mehr als 5,25 Millionen Euro an 5.139 Berechtigte ausgezahlt worden sind. Unter den Empfängern befanden sich 2.624 Ukrainer, 846 Russen (u.a. auch Litauer), 766 Polen, 426 Tschechen und 357 Belarussen. Weitere 120 Empfänger von Soforthilfen verteilten sich auf zehn Nationen, darunter 8 Ungarn, 6 Slowenen und 2 Franzosen. Es ist somit zumindest theoretisch möglich, dass auch im Lager Wenzelweg 21 gemeldete Fremd- bzw. Zwangsarbeiter eine Entschädigungszahlung der Stadt Frankfurt erhalten haben. Aufgrund der großen Anzahl der zu überprüfenden Personen konnte die konkrete Recherche von Empfängern der Soforthilfe im Zuge dieser Stellungnahme nicht geleistet werden. Im Institut für Stadtgeschichte wurden zwischen 2000 und 2007 die Angaben der Antragsteller auf Soforthilfe überprüft, wenn keine Nachweise für den Einsatz als ehemalige Fremd- bzw. Zwangsarbeiter in Frankfurt vorlagen. Anhand der Akten, welche die Anträge und Antwortschreiben enthalten, könnte auf der Basis eines kleinen Forschungsprojekts ermittelt werden, ob Fremd- bzw. Zwangsarbeiter, die im Lager Wenzelweg 21 gemeldet waren, Soforthilfen der Stadt Frankfurt erhalten haben. Der Bestand ISG FFM Best. A.47 umfasst circa 40 Akten und enthält zum Beispiel den Serientitel "Ausstellung von Aufenthaltsnachweisen zur Entschädigung von ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern" (Signaturen 277, 307-310, 397-401, 438-440, 461-464, 466). Teilweise sind in den Akten persönliche Briefe der ehemaligen Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Beschreibungen der damaligen Lebensumstände überliefert. Zur Einrichtung, Organisation und Finanzierung des Lagers im Wenzelweg 21 finden sich in der Datenbank des ISG leider keine Hinweise. Zur Geschichte der Sportvereinigung Germania 1895 e. V. besitzt das Institut für Stadtgeschichte lediglich eine Urkunde aus dem Jahr 1937 (ISG FFM Best. VS. 53)

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