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Hochwasserschutz ausbauen und mit ökologischer Aufwertung kombinieren

Vorlagentyp: B

Bericht

Die Aufgaben des Hochwasserrisikomanagements betreffen verschiedene Ressorts, Verwaltungsebenen und Hoheitsträger. Es erfordert eine intensive Zusammenarbeit aller Akteure. Der Schwerpunkt der Maßnahmen liegt im kommunalen Bereich. So kommt den städtischen Ämtern und Betrieben sowie den kommunalpolitischen Entscheidungsträgern eine besondere Bedeutung bei der Umsetzung von Maßnahmen zu. Im Aufgabengliederungsplan der Stadt Frankfurt am Main wird die Aufgabe Hochwasserschutz nicht aufgeführt. Grundsätzlich stellt der Hochwasserschutz eine Querschnittsaufgabe der Stadtverwaltung dar. Die Aufgaben liegen hierbei vor allem bei der Branddirektion, der Stadtentwässerung und dem Umweltamt. Die Branddirektion ist zuständig für den Katastrophenschutz und die Gefahrenabwehr im Hochwasserfall. Die Stadtentwässerung Frankfurt ist - mit Ausnahme vom Main (Wasserschifffahrtsverwaltung des Bundes) - unterhaltungspflichtig für die Fließgewässer. Das Umweltamt - und hier die Untere Wasser- und Bodenschutzbehörde - ist vorrangig für wasserrechtliche Genehmigungen zuständig. Zudem führt die Untere Wasser- und Bodenschutzbehörde regelmäßig sogenannte Wasserschauen an den Fließgewässern durch. Sie ist weiter bei der Erteilung von Baugenehmigungen in Überschwemmungsgebieten und Gewässerrandstreifen einzubinden und gibt bei Bebauungsplänen Stellungnahmen unter anderem zum Hochwasserschutz ab. Gemäß Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 31.03.2022, § 1478 (NR 274), wurde der Magistrat beauftragt, die Möglichkeiten für den Ausbau des Hochwasserschutzes an sämtlichen Bächen im Frankfurter Stadtgebiet zu untersuchen und diese mit einer ökologischen Aufwertung der Gewässer zu kombinieren. Die Ergebnisse sowie die damit verbundenen Kosten sollen in einem Bericht dargestellt werden. Weiterhin wurde der Magistrat aufgefordert, mit den Oberliegern der Gewässer Gespräche mit dem Ziel aufzunehmen, das Hochwasser bereits oberhalb Frankfurts im Einzugsgebiet zurückzuhalten. Für fast alle Frankfurter Stadtgewässer gilt, dass sie in den letzten 100-200 Jahren für die unterschiedlichen Nutzungen durch den Menschen ausgebaut, begradigt, verrohrt, aufgestaut, bis an die Ufer besiedelt oder in ihrem Lauf festgelegt worden sind. Daraus haben sich erhebliche Veränderungen ergeben. Insbesondere können sich die Gewässer größtenteils nicht mehr natürlich entwickeln. Eine Laufverlagerung oder das Ausufern des Hochwassers in die Auenbereiche sind teilweise komplett unterbunden. Eine Beschleunigung und Verschärfung des Hochwasserabflusses war die Folge. Die zunehmende Flächenversiegelung vor allem in Siedlungsbereichen führte weiterhin dazu, dass weniger Wasser im Boden zwischengespeichert wird bzw. versickern und verdunsten kann, was ebenfalls zu einer Verschlechterung beitrug. In den letzten Jahrzehnten fand ein Umdenken statt. EU-Richtlinien und deutsches Wasserrecht verpflichten die am Gewässer Handelnden zu einer ökologisch orientierten, nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung sowie einer ganzheitlichen Betrachtung des Hochwasserrisikos und möglicher Maßnahmen. Die Vorschläge des Antrags NR 274 entsprechen größtenteils den gesetzlichen Grundlagen und werden durch den Magistrat bereits überall dort, wo Maßnahmen an Gewässern geplant bzw. umgesetzt werden, berücksichtigt. Mit Maßnahmen zum rein natürlichen Rückhalt (Gewässeraufweitungen/-renaturierungen und Schaffung von zusätzlichen Retentionsflächen in den Auebereichen) lassen sich in Bezug auf die Verbesserung der Gewässerstruktur, des ökologischen Zustands der Gewässer und der Grundwasserneubildung wichtige Synergieeffekte erzielen. Allerdings wirken sich diese Maßnahmen meist nur bei kleineren bis mittleren Hochwasserereignissen in eher kleinen Einzugsgebieten aus. Die Retentionsräume bei natürlichen Rückhaltemaßnahmen werden schon bei einer noch ansteigenden Hochwasserwelle in Anspruch genommen. Sie stehen daher für die Kappung von größeren Hochwasserspitzen kaum mehr zur Verfügung. Um das Schadenspotenzial bei selteneren Hochwasserereignissen an den Frankfurter Gewässern zu reduzieren, reicht die Umsetzung von natürlichen, dezentralen Rückhaltemaßnahmen in den Einzugsgebieten nicht aus. Viele Siedlungsbereiche, die in den Flussauen entstanden sind, lassen sich nur durch zusätzliche technische Maßnahmen schützen. Dazu gehören Maßnahmen, die das Wasser gezielt oberhalb der Siedlungsgebiete zurückhalten und die Spitze der Hochwasserwelle reduzieren (z.B. Hochwasserrückhaltebecken), Maßnahmen des linienförmigen Hochwasserschutzes, welche die Abflusskapazität des Gewässers im Siedlungsgebiet verbessern und Ausuferungen reduzieren (z.B. Deiche, Hochwasserschutzwände, Ertüchtigung und Aufweitung von Engstellen) sowie Maßnahmen zum Umleiten des Wassers (z.B. Flutmulden). In den zurückliegenden Jahrzehnten wurden an zahlreichen Nebengewässern der Nidda bereits technische Hochwasserschutzmaßnahmen geplant. Die Vorhaben sind jedoch aufgrund der notwendigen, teilweise erheblichen Eingriffe in Natur und Landschaft sowie der mangelnden Flächenverfügbarkeit nicht zur Umsetzung gekommen. Sie wurden in den vergangenen Jahren nicht mehr weiterverfolgt. Aufgrund der Anforderungen an die nachhaltige Gewässerentwicklung, den Natur- und Landschaftsschutz sowie an den Schutz bestehender Siedlungsgebiete vor Hochwasser ist das Thema Hochwasserschutz an den Frankfurter Bächen ganzheitlich - das ganze Einzugsgebiet betrachtend - erneut zu prüfen. Neben der Planung von Hochwasserschutzmaßnahmen, hat der Magistrat der Stadt Frankfurt in den vergangenen Jahren eine Vielzahl weiterer Maßnahmen ergriffen und umgesetzt, die indirekt zur Verringerung des Hochwasserrisikos beitragen. Hier ist insbesondere die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu nennen, wo fortlaufend ökologische Umbaumaßnahmen an den Gewässern nach dem Maßnahmenprogramm des Landes umgesetzt werden. Zudem werden im Rahmen der Unterhaltung der Fließgewässer Brücken und Einläufe regelmäßig kontrolliert, um im Hochwasserfall das Risiko eines Verstopfens (Verklausung) zu reduzieren. Einige dieser Engstellen (z.B. Rechenanlage am Beginn des verrohrten Abschnitts des Steinbachs am Praunheimer Weg) wurden durch bauliche Maßnahmen bereits entschärft. Weitere Maßnahmen befinden sich in der Prüfung. Das Konzept Abwasser 2035 der Stadtentwässerung Frankfurt hat darüber hinaus das Ziel, bei Neubaugebieten den natürlichen Wasserkreislauf möglichst zu erhalten und diesen ebenso im Bestand durch Abkopplung von Flächen vom Kanal zu stärken. Dies leistet u.a. einen Beitrag zur Abflussentschärfung in den Oberflächengewässern. In den vergangenen Jahren wurden weitere wichtige Grundlagen für die Überflutungsvorsorge erarbeitet. Dazu zählen die Erstellung und Veröffentlichung der Starkregengefahrenkarten sowie die vom Regierungspräsidium Darmstadt neu berechneten und teilweise bereits festgesetzten Überschwemmungsgebiete an Liederbach, Sulzbach und Urselbach. An vielen Frankfurter Gewässer sind jedoch keine bzw. keine aktuellen, hydraulischen Daten vorhanden, um die bei unterschiedlichen Jährlichkeiten von Hochwasser betroffenen Bereiche zu identifizieren. Es gilt hier, zunächst die notwendigen Datengrundlagen zu erheben, bevor in einen weiteren Planungsprozess eingestiegen werden kann. Die Planung von tragfähigen Konzepten und die Umsetzung von Maßnahmen für einen ökologisch verträglichen Hochwasserschutz sind mit einem erheblichen Planungsaufwand verbunden, welcher sich nur mittel- bis langfristig umsetzen lässt. Aufgrund der sehr vielfältigen und sich häufig widersprechenden Zielsetzungen bzw. Interessen unterschiedlicher Nutzergruppen, ergeben sich sehr lange Abstimmungs- und Genehmigungszeiträume. Hinzu kommt, dass fast alle Maßnahmen an den Gewässern entscheidend von einer ausreichenden Flächenverfügbarkeit als limitierendem Faktor abhängen. Maßnahmen zur Gewässerentwicklung und zum dezentralen Hochwasserschutz haben einen erheblichen Flächenbedarf. Es sind Flächen zu erwerben oder die Zustimmung zu deren zweckgebundener Nutzung einzuholen. Dies erfordert einen hohen Aufwand und ist mit erheblichen Kosten verbunden. Beim Flächenerwerb sollte daher ein vorausschauender, maßnahmenunabhängiger Grunderwerb an den Gewässern verfolgt werden. So beinhaltet auch die Frankfurter Anpassungsstrategie an den Klimawandel das Freihalten eines beidseitigen 10 Meter breiten Schutz- und Entwicklungsstreifens an allen Fließgewässern, auch in bebauten Ortslagen, verbunden mit einem noch zu entwickelnden Programm zum Ankauf der Flächen. Aus den oben geschilderten Gründen bedürfen die notwendigen Leistungen zum Ausbau des Hochwasserschutzes mit einer einhergehenden ökologischen Aufwertung aus Sicht des Magistrats erhebliche zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen. Die Ausstattung der derzeit mit dem Hochwasserschutz betrauten Ämter und Betriebe ist hierfür nicht ausreichend. Zur Ableitung der zusätzlich benötigten Personal-/Finanzressourcen bedarf es klarer fachlich abgestimmter und politisch bestätigter Zielvorgaben (Schutzziele, Priorisierung, Zeitrahmen etc.). Und selbst dann können im weiteren Verlauf deutliche Anpassungen erforderlich werden. Denn es handelt sich um einen langfristig angelegten, iterativen Prozess, der zahlreiche Einzelmaßnahmen mit den ihnen immanenten Unwägbarkeiten bei Planung und Umsetzung umfasst. Der Magistrat kann aufgrund der geschilderten komplexen und umfangreichen Randbedingungen gegenwärtig keinen Überblick über die Gesamtkosten der angesprochenen Maßnahmen geben. Wie unter Ziffer 1 erläutert, kann ein wirksamer, ökologisch verträglicher Hochwasserschutz an den Frankfurter Bächen nur unter Berücksichtigung der gesamten Einzugsgebiete und unter Einbeziehung der Oberlieger erfolgen. Bereits in der Vergangenheit bestand hierzu Kontakt mit den Oberliegern der Bäche, die durch Frankfurt am Main führen. Dieser Kontakt wurde im letzten Jahr stark intensiviert. Je nach Einzugsgebiet der Bäche sind dabei unterschiedliche Kommunen betroffen, so dass sich der Personenkreis für die einzelnen Gespräche unterscheidet. Dies macht die Abstimmungen sehr aufwändig. Die Kooperationsbereitschaft ist dabei stark durch die unterschiedliche Betroffenheit der Kommunen geprägt. Der Magistrat hat sich entschlossen, Abstimmungen mit den Oberliegern nach vorhandenen Grundlagendaten und Hochwasserrisiko zu priorisieren. Demnach sollen zunächst schwerpunktmäßig die Risikogewässer nach EU-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie im Stadtgebiet (Liederbach, Eschbach und Urselbach) bearbeitet werden. Nach den ersten Gesprächen mit den Oberliegern dieser Gewässer zeichnet sich bereits ab, dass eine Umsetzung von größeren Hochwasserschutzmaßnahmen - wenn überhaupt - höchstens langfristig möglich sein wird. Die Oberliegerkommunen werden Maßnahmen an Gewässern zum Hochwasserschutz mit positiven Auswirkungen für die Ortslagen in Frankfurt am Main nur in dem Maße umsetzen, wie sie aufgrund eigener Interessen (z.B. Stadtentwicklung oder Hochwasserschutz von eigenen Siedlungsbereichen) erforderlich werden. Die mangelnde Flächenverfügbarkeit und die hier bestehende Konkurrenz sowie die hohen finanziellen Aufwendungen bei den Nutzungen stellen hier die größte Schwierigkeit dar. Der Magistrat wird diese Gespräche entsprechend der genannten Priorität mit dem Ziel fortsetzen, auf den Umfang und die Maßnahmen im Sinne einer Verbesserung des Hochwasserschutzes für Frankfurt Einfluss zu nehmen und in Kooperation mit den Oberliegern die Untersuchungen und Planungen über das Stadtgebiet hinaus auszudehnen. Auf diesem Weg soll eine überörtliche, auf das gesamte Einzugsgebiet bezogene Gesamtplanung für den Hochwasserschutz ermöglicht werden. Allerdings gilt auch hier, dass einer Intensivierung der Gespräche und einer zeitnahen Abwicklung der daraus resultierenden Aufgaben durch begrenzte personelle Ressourcen Grenzen gesetzt sind.